User Experience Trends 2023
Vor welche Herausforderungen im Bereich der User Experience wird uns das Jahr 2023 wohl stellen? Die Vorhersage von Trends ist nie einfach, und es besteht immer die Gefahr, kräftig danebenzuhauen. Trotzdem können wir auf Basis der letzten Monate recht gute Annahmen treffen, wie sich die Vorlieben sowohl von Usern als auch Designern in Zukunft entwickeln.
Eine umfassende Auflistung all der Möglichkeiten, was im Jahr 2023 im Bereich der UX »in« sein mag, ist jedoch nicht möglich und würde ohnehin jeden Rahmen sprengen. Stattdessen werden einige handverlesene Punkte beschrieben, die insbesondere für Betreiber kleiner Websites spannend sein könnten.
Cross-Platform Development
Der Dauerbrenner schlechthin. Schon in den letzten Jahren äußerst wichtig, kannst du locker darauf wetten, dass Cross-Platform Development nicht nur 2023, sondern auch 2024 und in den nachfolgenden Jahren relevant sein wird. Wir leben immerhin in einer Zeit unzähliger verschiedener mobiler Geräte. Daher ist es unumgänglich, dass deine Website nicht nur auf einem PC oder Laptop, sondern auch am Tablet, Smartphone oder anderen Geräten gut aussieht.
Wenn du den Besucherinnen und Besuchern die beste User Experience bieten willst, legst du damit das Fundament für alles andere.
Dark Mode / Dark Theme
Lange Zeit war auch im digitalen Bereich schwarze Schrift auf weißem Hintergrund die Norm. Du musst dabei nur an Office-Applikationen denken, aber auch viele Websites folgen diesem Muster. Leider ist diese Farbkombination für das menschliche Auge sehr anstrengend, und das nicht nur in den Nachtstunden. Auch tagsüber wissen es viele Userinnen und User zu schätzen, wenn sie die Möglichkeit haben, die Darstellung – man spricht dabei auch von Theme – individuell anzupassen. Nicht wenige Menschen wählen dabei das Gegenteil des oben beschriebenen: den Hintergrund in Schwarz, mit einer hellen Schrift im Vordergrund.
Dieser Trend hat schon vor einiger Zeit begonnen, wird sich aber bestimmt noch weiter fortsetzen. Wenn also du deinen Besucherinnen und Besuchern deiner Website diese Option noch nicht angeboten hast, solltest du darüber nachdenken. Sie werden es dir danken.
Farbgradienten / Farbverläufe
Wo wir gerade bei Farben und ihrer Darstellung sind: Große Flächen in nur einem Farbton waren eine Zeitlang sehr präsent, wurden aber nun wieder etwas zurückgedrängt. Das Comeback von kontinuierlichen Farbverläufen wird sich voraussichtlich auch 2023 fortsetzen. Das können sowohl extreme Übergänge, etwa zwischen den Komplementärfarben Rot und Grün, aber auch dezente Verläufe von einer hellen Grauschattierung zu einer Dunkleren sein. Auf jeden Fall lässt sich die Optik damit auf relativ einfache Weise deutlich aufpeppen.
Anwenden kannst du das bei praktisch jeder eingefärbten Fläche, ob bei Menüs, bei Buttons oder bei beliebigen Hintergründen. Auch wenn du darüber nachdenkst, dein Logo zu aktualisieren, behalte diese Option im Hinterkopf.
Motion Design
Keine Bange, hier geht es nicht um eine Rückkehr der unsäglichen animierten und blinkenden GIF-Elemente aus den 90ern und frühen 2000ern. Das Motion Design soll nicht durch aufdringliches Blitzen und Glitzern die Aufmerksamkeit auf sich ziehen, sondern ein begleitender Effekt mit einem tieferen Sinn sein.
Wenn du auf deiner Website Informationen bringst, wirst du dies normalerweise in Textform tun. Doch was spricht eigentlich dagegen, zusätzlich ein Erklärvideo einzubinden? Oder Daten und Zahlen in einer animierten Grafik darzustellen?
Auf GUI-Seite unterstützt das Motion Design die Userinnen und User dabei, zu verstehen, was eigentlich passiert. Statt bei einem Mausklick sprunghaft die Darstellung zu verändern, ermöglicht Motion Design einen fließenden Übergang von einem Zustand zum nächsten. So könnten in einem Webshop etwa verschieden Ausführungen des gleichen Artikels etwa in einem »Karussell« dargestellt werden, welches immer die aktuelle Version nach vorne dreht.
In früheren Artikeln wurde bereits auf Wahrnehmungspsychologie und die Gestaltgesetze eingegangen. Mit Motion Design kannst du dir auch die Gesetze des gemeinsamen Schicksals sowie der Gleichzeitigkeit zunutze machen.
Immersive Scrolling
Das immersive Scrolling macht die Verwendung des Mausrads zu einem Erlebnis. Schon seit einigen Jahren gibt es Technologien, die den eigentlich banalen Vorgang, bei dem die Inhalte vertikal oder horizontal über den Schirm gleiten, interessanter gestalten.
Parallax Scrolling greift etwa auf eine Technik zurück, die schon Walt Disney in seinen frühen Zeichentrickfilmen benutzte. Dabei bewegen sich zwei übereinander liegende Ebenen in unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Stell dir etwa ein Fahrzeug vor, das von der Seite dargestellt wird. Es befindet sich immer im Mittelpunkt der Darstellung, sodass der Straßenrand mit konstanter Geschwindigkeit daran vorbeigleitet. Gleichzeitig ist im Hintergrund ein Gebirge zu sehen, das sich wesentlich langsamer bewegt. Auf diese Weise wird ein Gefühl von Weite und Dreidimensionalität erzeugt. Beim Scrollen lassen sich mit zwei oder drei Ebenen ebensolche Effekte erzielen. So kannst du deinen Besucherinnen und Besuchern ganze Geschichten erzählen, indem du sie lediglich das Mausrad drehen lässt.
Aber immersive Scrolling kann auch noch weiter gehen. Mittels Animationen lassen sich ganz andere Effekte erzielen, indem neue Elemente etwa nicht von unten her ins Bild rutschen, sondern in der Mitte eingeblendet werden. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt.
Ein schönes Beispiel findet sich hier: https://kubrick.life/
Einfach die Seite besuchen und scrollen (Achtung: es scheint nur am PC / Laptop, nicht aber auf einem mobilen Gerät zu funktionieren).
Da die Technik nicht stillsteht und gleichzeitig immer bessere Internetverbindungen und Datenvolumen zur Verfügung stehen, werden auch solche Scrolling-Varianten noch mehr an Bedeutung gewinnen.
3 D-Effekte / Augmented Reality
Es zeichnet sich ab, dass die Verwendung von eingekauften Stock-Fotos zurückgeht. Stattdessen sollen vermehrt Grafiken mit 3D-Effekten zum Einsatz kommen. Auch in diesem Kontext sei nochmals auf die Wahrnehmungspsychologie verwiesen. Denn das Hervorheben durch Hinzufügen der dritten Dimension macht sich das Gesetz der guten Gestalt (auch bekannt als Gesetz der Prägnanz) zunutze.
Kombinieren lassen sich 3D-Effekte natürlich auch mit Motion Design. Und auch wenn es die Möglichkeiten von Betreiberinnen und Betreibern kleiner Websites vielleicht übersteigen mag, muss in diesem Kontext auch auf die wachsende Bedeutung von Augmented Reality hingewiesen werden. Insbesondere bei der Verwendung von mobilen Geräten wird die Verschmelzung virtueller Inhalte mit der Realität (etwa durch Verwendung der Handykamera) immer wichtiger werden.
Brutalismus
Zuletzt wollen wir noch auf den gefährlich klingenden Begriff des Brutalismus eingehen. Dieser lässt sich auf eine Strömung in der Architektur (französisch »béton brut« = roher Beton) zurückführen, die sich auf die bloße Zweckmäßigkeit beschränken wollte. Ihre Bauwerke zeichnen sich durch klare Linien und eine wuchtige, fast unfertige Präsenz ohne unnötige Schnörkel aus.
Der Brutalismus im Webdesign, der ca. 2017 seinen Ausgang nahm, brachte diesen Stil in die virtuelle Welt. Hier werden bewusst ästhetische Normen gebrochen, um eine Website auf den bloßen Zweck zu reduzieren. Wichtiger als optisch ansprechende Gestaltung ist, dass alle relevanten Informationen zur Verfügung stehen.
Der Einsatz des Brutalismus im Webdesign ist, zugegebenermaßen, nicht unumstritten, doch es wird davon ausgegangen, dass er auch im Jahr 2023 eine Rolle spielen wird.
Ausblick
Natürlich sind das nur einige wenige Punkte, die im Jahr 2023 eine Rolle spielen. Technologien wie Augmented Reality werden in Hinsicht auf das in den Startlöchern scharrende Metaverse noch eine viel größere Rolle spielen. Auch andere Innovationen, die jetzt vielleicht noch niemand am Radar hat, könnten die Schwerpunkte verschieben. Daher lohnt es sich, die Augen offen zu halten und am Puls der Zeit zu bleiben.
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Günter Gerstbrein
Günter Gerstbrein, Jahrgang 1977, studierte technische Mathematik an der TU Wien und war etwa 13 Jahre in der Software-Entwicklung tätig. Als „Texter, der aus der Technik kam“ ist es sein Ziel, komplizierte Sachverhalte leicht verständlich und ohne viel Techno-Babble zu vermitteln.